Klärung vor den Landgericht (LG) Gera. Christian Tischner wehrt sich mit einstweiliger Verfügung gegen Uwe Staps. Wegen dessen Frage nach Wohnort?
(Greiz/Erfurt/Gera). Am Mittwoch, dem 29.10.2025, fand am Landgericht Gera der vorläufige Showdown zwischen dem Thüringer Bildungsminister Christian Tischner (CDU, bis vor kurzem noch Vorsitzender der CDU-Fraktion im Stadtrat Greiz) und dem Greizer Kommunalpolitiker Uwe Staps (AfD) statt. In der geführten mündlichen Hauptverhandlung (an dem ein HBV-Redakteur als Besucher teilnahm) ging es um den rechtlichen Bestand einer einstweiligen Verfügung, die Tischner gegen Staps erwirkt hatte.
Kernfrage: Lebt Tischner noch in Greiz bei seiner Familie oder doch in Erfurt?
Die o.g. Kernfrage war der Auslöser eines Verfahren, dass Tischner seit Monaten angestrengt hatte. Im Sommer 2025 – beim Abholen seines Autos – hatte Stadtrat Uwe Staps den Autohaus-Inhaber Jens-Uwe Bräunlich (zugleich stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Stadtratsfraktion) gefragt, ob er gehört habe, dass Tischner sich geoutet habe und nach Erfurt gezogen sei. Bräunlich informierte daraufhin Tischner. Er wurde aber als Zeuge nicht zur Verhandlung geladen. Diese Frage bestätigte Staps so auch der Richterin, wobei bei deren Wiederholung Tischner´s Gesichtsfarbe kurz merklich nach rot wechselte. Tischner betonte aber vor Gericht, dass er weder seine Familie verlassen habe noch nach Erfurt gezogen sei. Einen Nebenwohnsitz habe er dort nicht. Dies habe er auch in einer eidesstattlichen Versicherung (EV) erklärt.
Minister zweimal täglich durch Thüringen- mit Dienstwagen? Thüringer Meldegesetz regelt Bedeutung der Wohnungen.
Wenn die Aussage dieser EV stimmt, kommt das dem Thüringer Steuerzahler teuer. Zwar steht im Thüringer Ministergesetz etwas von Reisekostenvergütung (wie sie jedem Berufspendler zusteht) und nicht von Dienstwagen. Tatsächlich steht aber die Fahrbereitschaft zur Verfügung, so dass laut EV-Angabe der Minister mindestens zweimal durch ganz Thüringen kutschiert werden muss. Von seinem Wohnsitz in Greiz nach Erfurt und zurück. Täglich – auf Staatskosten natürlich. Die man mit einer Nebenwohnung (wie sie viele Pendler nutzen müssen, aber auch steuerlich geltend machen können) sparen könnte.
In § 15 des Thüringer Meldegesetzes wird geregelt, was Nebenwohnung und was Hauptwohnung ist. Letztere ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder Lebenspartner, sofern man nicht dauernd getrennt lebt. Nebenwohnung ist jede andere Wohnung. Jeder Einwohner Thüringens ist gegenüber der Meldebehörde verpflichtet, welche weiteren Wohnungen er hat und welche Wohnung seine Hauptwohnung ist. Hier dürfte kraft öffentlichen Interesses eine Presseanfrage bei den Meldebehörden Sinn machen.
Staps: Frage zielte darauf ob, ob der Minister noch Kommunalmandate in Greiz ausüben darf
Gegenüber der Richterin betonte Staps, dass seine Frage darauf abzielte, ob Tischner nach Annahme des Ministeramtes noch in Greiz (bei seiner Familie) oder doch eher in Erfurt lebt (was angesichts der Arbeitsbelastung eines Ministers sogar nachvollziehbar wäre). Zielrichtung der Frage waren also mögliche Auswirkungen auf Tischners Mandate im Stadtrat bzw. Kreistag Greiz, die nach Meinung von Staps beim stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden auch korrekt platziert wären. Auch der Anwalt von Staps, Rechtsanwalt (RA) Ralf Hornemann, verwies auf die Legitimität dieser Frage. Er benannte das Beispiel von Thomas Kemmerich, der seinen FDP-Sitz im Stadtrat Erfurt nur deswegen verloren hatte, weil er in Weimar wohnte.
Zudem, so der Tatvorwurf, soll Staps mit Blick auf den letzten Landtagswahlkampf noch geäußert haben „Hätten das andere gewusst, dann hätte Björn gewonnen.“ 2024 hatte Tischner das Direktmandat im Wahlkreis Greiz II gegen AfD-Landeschef Björn Höcke verteidigen können. Seltsamerweise zeigte weder die Klägerseite (also Bildungsminister Tischner und dessen Anwalt) noch die Richterin ein besonderes Interesse daran, diese Aussage (und damit den mitten im Raum stehenden rosa Elefanten) zu behandeln oder näher zu bewerten.
Seltsame Abläufe des gesamten Verfahren: Hörensagen und eidesstattlichen Erklärung. Richterin will einstweilige Verfügung wohl aufrechterhalten.
Das Verfahren verlief untypisch. Es begann am 11. Juli 2025 mit dem Schreiben von Tischners Anwalt an Staps. Die sonst übliche Anhörung der Gegenseite erfolgte dabei nicht. Deshalb nahm das Verfahren im August einen „Abstecher“ zum Thüringer Verfassungsgerichtshof (ThürVGH) in Weimar. Denn dort rügte der Anwalt von Staps die fehlende Anhörung und forderte die Verfahrenseinstellung. Immerhin sei das Recht auf Gehör einer der tragenden Grundsätze des Rechtsstaatsprinzips nach Artikel 20 Grundgesetz (GG). Dem folgten die Richter am ThürVGH jedoch nicht. Sie stellten sich auf den Standpunkt, dass das bisher versagte Recht auf Anhörung noch im weiteren Verfahrensablauf „geheilt“ werden könne.
RA Hornemann monierte in der mündlichen Verhandlung vor dem LG Gera nochmals die versagte Anhörung seines Mandanten Uwe Staps. Er beanstandete auch massiv, dass das gesamte Verfahren quasi auf „Hörensagen“ beruhe. Zwar liege eine eidesstattliche Versicherung von Bildungsminister Christian Tischner vor. Diese beruhe aber eben auf Hörensagen. Denn der eigentliche Zeuge Jens-Uwe Bräunlich sei vom Gericht gar nicht geladen worden. Damit wurde der Verteidigung die Möglichkeit genommen, Bräunlich zu den Details des – für alle Prozessparteien unstrittig stattgefundenen – Gespräches im Autohaus des Zeugen befragen zu können.
Dennoch deutete die Richterin zum Ende der mündlichen Verhandlung an, dass sie zur Urteilsverkündung am 05.11.2025 dem Antrag des Klägers Christian Tischner, die einstweilige Verfügung aufrecht zu halten, folgen könnte. Nach der von ihr geäußerten Rechtsauffassung erfülle bereits eine entsprechend gestellte Frage den Tatbestand der „üblen Nachrede“ gemäß § 186 Strafgesetzbuch (StGB). Dieser Straftatbestand stellt aber die Behauptung bzw. Verbreitung einer – nicht erweislich wahren – Tatsachenbehauptung unter Strafe, sofern diese geeignet ist, die betroffene Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.
RA Hornemann betonte daraufhin, dass die geäußerte Rechtsauffassung des Gerichtes aus seiner Sicht gegen die (nach Artikel 5 GG) grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit verstoße. Er verwies dabei auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH). Sein Mandant habe eine Frage gestellt, die mit Blick auf die Bedeutung des Wohnsitzes bezüglich eines Mandatsverlustes wesentlich sei. Eine rechtswidrige oder gar verächtlich machende Tatsachenbehauptung sei dabei nicht zu erkennen. RA Hornemann machte in seinem Plädoyer seinen Gesamteindruck deutlich, dass „dieses Verfahren dazu dient, einen Thüringer Minister zu schützen.“.
Hinweis:
Titel der Funke-Medien-Gruppe – u.a. die Tageszeitungen Thüringer Allgemeine (TA) und Ostthüringer Zeitung (OTZ) berichtete ebenfalls über den Prozess. Allerdings als Plus-Artikel hinter einer Bezahlschranke („paywall“) versteckt- siehe hier


		
		
		
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