(Greiz). Nach der umfassenden Sanierung des Greizer Rathauses fand die 9. Sitzung des Stadtrates (SR) der Stadt Greiz erstmals seit Jahren wieder im großen Ratssaal statt. In diesem Artikel gibt es nur einen ersten groben Überblick, u.a. zu den Ergebnissen der namentlichen Abstimmungen. Im Detail wird der Heimatbote Vogtland (HBV) noch genauer über die insgesamt 18 Tagesordnungspunkte (TOP) berichten. Vorläufige Zusammenfassung vieler Besucher (und auch Stadträte): Die Optik ist hui (sehr schön), die Akustik ist pfui (unterirdisch).
Bürger sind offenbar uninteressant? Erläuterung der Vorlagen? Fehlanzeige!
Dies Akustik und damit verbundene Intransparenz monierten Besucher auch direkt in der Einwohnerfragestunde. Auf der voll besetzten Empore des Ratssaales (nicht alle Besucher hatten Sitzgelegenheiten) konnten nämlich die Besucher dem Sitzungsverlauf weder optisch noch akustisch folgen. Zwar gibt es inzwischen zwei große Monitore im Ratssaal, auf denen (als Standbild) die Tagesordnung angezeigt wurde. Ein Anklicken der Links, damit die Bürger auch den Beschlusstext hätten lesen können, hielten Bürgermeister (BM) Alexander Schulze (parteilos, ohne CDU nicht im Amt) sowie Stadtratsvorsitzender (SRV) Holger Steiniger (DIE LINKE) offenbar für überflüssig. Außer beim Haushalt gab es vom Sitzungspräsidium auch keine nähere Erläuterungen zu den einzelnen Tagesordnungspunkten (TOP). Bei einem TOP (Änderung der Friedhofssatzung) machte sich dann Fraktionschef Torsten Röder von der AfD-Bürgerfraktion (AfD-BF) Greiz die Mühe, den Besuchern den Inhalt und Sinn der anstehenden Vorlage zu erläutern. Damit Röder keinesfalls das letzte Wort hatte, beeilte sich danach BM Schulze doch, auch noch wenige Worte zu seiner Verwaltungsvorlage zu verlieren.
Sitzungsverlauf war für Besucher kaum verständlich. Einwohnerfragestunde vom Stadtratsvorsitzenden Steiniger „abgewürgt“.
Die Möglichkeit für Fragen und Anregungen durch die Einwohner wollten die Bürger aber nicht nur zum Thema Transparenz nutzen. Eine Besucherin hatte – von der Empore aus – begonnen, offenbar unangenehme Fragen zu stellen. Dies wusste SRV Holger Steiniger (DIE LINKE) zu verhindern. Wie? In dem er den „TOP 18. Einwohnerfragestunde“ einfach „abwürgte“. Phillip Wünsch (IWA-Pro Region) und T. Röder (AfD-BF) monierten dieses Vorgehen des SR-Vorsitzenden. Mit dem Hinweis, dass die Bürgerin nun – wie von Steiniger selbst aufgefordert – auf dem Weg in den Ratssaal sei, um weitere Fragen stellen zu können. Denn nur dort wurde ein (!) Mikrofon für Besucher vorgehalten. Auf die Intervention der beiden Fraktionschefs zeigte BM Alexander Schulze genüsslich auf Holger Steiniger und betonte, dass dieser als Stadtratsvorsitzender (SRV) die Sitzungsleitung habe – und dies sehr wohl könne.
Bürgermeister sieht kein Problem in vierteljährlicher Sitzung: Ellenlange Tagesordnung mit 18 Tagesordnungspunkten, da AfD-Antrag auf Sonderstadtrat ignoriert wurde.
Mehrfach in Haushaltsreden angesprochen sieht BM Schulze nach wie vor kein Problem in lediglich vierteljährlichen Stadtratssitzungen mit dann überlangen Tagesordnungen (nach langen Arbeitstagen für die meisten Stadträte). Die Kommentare und Rechtsprechung zur Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) sehen das zwar eindeutig anders. Aber was interessieren BM Schulze schon Recht und Gesetz? Wenn er (anders als andere Bürgermeister des Landkreises) vom Chef der Kommunalaufsicht Greiz doch regelmäßig „Rückendeckung“ erhält. Da zeigt sich, wie die „richtige“ Partei sich Recht biegen kann.
Die AfD-Bürgerfraktion (AfD-BF) Greiz hatte einen Sonderstadtrat beantragt. Form – und fristgerecht vor dem letzten Haupt- und Finanzausschuss (HFA), zudem vor Herstellung des Benehmens der Tagesordnung dieser Sitzung. Ziel des Antrages: Der Haushalt 2025, der Finanzplan 2025 sowie – jetzt schon – die Hebesatzsatzung für das Jahr 2026 sollten ohne Zeitdruck debattiert werden und letztlich Beschluss gefasst werden können. Den Antrag hat BM Schulze – zum wiederholten Male – ignoriert.

Entsprechend stellte die AfD-BF einen Geschäftsordnungsantrag (GOA) auf Absetzen dieser TOP und Behandlung in einem separaten Stadtrat. Zudem wurde vorsorglich Antrag auf eine namentliche Abstimmung (NA) gestellt. Dem wurde entsprochen, der GOA selbst wurde – erwartungsgemäß – wie unten dargestellt abgelehnt.

Eine detaillierte Berichterstattung zu den einzelnen TOP würde diesen Artikel sprengen. Wir werden daher in weiteren Artikeln das Vorgehen im Stadtrat darstellen. Vorab lediglich einige Abstimmungsergebnisse, welche die zementierten Machtverhältnisse eindrucksvoll aufzeigen.




Kommentar: Kann ein Stadtratsvorsitzender alles machen? Auch Fragestunden „abwürgen“?
Klar kann Holger Steiniger kraft Amt als Stadtratsvorsitzender das. Wenn man Macht (und entsprechende Mehrheiten) hat, kann man grundsätzlich – erst mal – alles machen. Ob es juristisch vor dem Richter hält, zeigt sich, sofern es Kläger gibt. Ob es langfristig richtig oder sinnvoll ist, zeigt sich dann später. Zum Beispiel, wenn die Bürgerinnen ihre Schlussfolgerungen beim Wahlverhalten ziehen und solche „bürgernahen“ Politiker einfach nicht mehr wählen. Die rapide schwindenden Stimmenanteile der Greizer CDU, SPD und LINKE haben diese erkennbar nicht aufgeweckt. Ludwigshafen macht aber gerade vor, wie sensibel inzwischen Bürger auf undemokratische Politik und bürgerferne Politiker reagieren. Wobei Nichtwahl letztlich ein stumpfes Schwert ist, denn die Wahl“sieger“ feiern sich dennoch. Seltsamerweise gibt es nämlich – anders als von Parteien bei Bürgerbegehren juristisch festgesetzt – bei Wahlen kein Mindestquorum. Finde den Fehler!

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