Die Greizer Kommunalwahl am 24.05.2024 zeigt Gewinner und Verlierer sehr klar auf. Die ermittelten Wahlergebnisse als Ausdruck des Wählerwillens der Greizerinnen und Greizer spiegeln sich zwar rechnerisch in Stimmen und Sitzen wider. Jedoch nicht in den Ergebnissen der ersten konstituierenden Sitzung (Legislatur 2024 – 2029) des Stadtrates Greiz vom 19.06.2024.
(Greiz/19.6.2024) Die letzte Kommunalwahl vom 24.05.2024 ist Geschichte – auch in Greiz. Die Ergebnisse der jüngsten Wahl weisen zum Teil ganz erhebliche Verschiebungen zur vorherigen Kommunalwahl am 26.05.2019 auf.


Screenshots Thüringer Landesamt für Statistik: Ergebnisse Kommunalwahlen 26.05.2029 und 24.05.2025
Gewinner und Verlierer des Wählervertrauens des Wahljahres 2024
Beim Wählervotum ergeben sich aus den Screenshots zwei Gewinner – und mehrere Verlierer.

Egal wie man zu dieser Partei steht, in Greiz muss man die Alternative für Deutschland (AfD) als Gewinner bezeichnen. Um satte 4.023 Stimmen (von 4.088 (2019) auf 8.111 (2024)) konnte die AfD bei den Wählern ihren Stimmenanteil erhöhen. Auch die Partei Bündnis 90/ Die Grünen ist seit Jahrzehnten erstmals wieder im Stadtrat Greiz vertreten. Allerdings scheinen die Grünen in der Kreisstadt nicht so viel Rückenhalt zu haben. Eigentlich schwache 673 Wählerstimmen reichten dennoch für den Wiedereinzug von Marcel Buhlmann (zuvor: DIE LINKE) aus.
Als Spitzenkandidat des Wahlvorschlages CDU/ Gemeinsam für Greiz (CDU/ GfGRZ) hatte Bürgermeister Alexander Schulze (parteilos, auf Vorschlag der CDU/GfGRZ im Amt) 2024 nicht für den erhofften Bonus gesorgt. Im Gegenteil: Die Partei verlor 766 Stimmen und kam noch auf 11.330 Stimmen (2019: 12.096). Der SPD erging es nicht anders. Mit 871 verlorenen Stimmen setzte sie ihren bereits jahrelangen Abwärtstrend fort und erreichte nur noch 3.084 Stimmen (2019: 3.955). Unter ihrem wiederholt aufgestellten Spitzenkandidaten Holger Steiniger fuhr die Partei DIE LINKE erneut massive Stimmenverluste ein. Schon 2019 sank sie wie in den Vorjahren ab – auf 3.686 Stimmen. 2024 verlor sie nochmals 1.553 Stimmen. So kam sie letztlich noch auf 2.133 Stimmen – ihr schwächstes Ergebnis seit Jahren.
Die IWA- Pro Region (deren Vereinsmitglieder vielfach Ex-CDU-Mitglieder sind) verlor dagegen nur 503 Stimmen, blieb mit 4.602 Stimmen (2019: 5.105) aber weitgehend stabil. Auch die FDP verlor „nur“ 216 Wählerstimmen. Im Ergebnis hatten die verbliebenen 247 Stimmen (2019: 463) dennoch zur Folge, dass Bauingenieur Jens-Holger Schmidt (FDP) nicht mehr im neuen Stadtrat vertreten ist.
Neuverteilung der Wählerstimmen führen zu einer neuen Sitzverteilung
Nach allgemeinem Demokratieverständnis sowie Rechtslage müssen sich die Wählerstimmen auch in den gewählten Gremien widerspiegeln. Gemeint ist die Sitzverteilung im Stadtrat der Stadt Greiz und dessen Ausschüsse. Die zum Teil doch deutliche Neuverteilung der Wählerstimmen führte zwangsläufig zu einer neuen Sitzverteilung der 30 Stadträte plus Bürgermeister.
War die AfD-Bürgerfraktion Greiz seit 2019 nur mit vier Stadträten im Stadtrat der Kreisstadt vertreten, konnte sie aufgrund der Stimmenzugewinne ihre Sitzanzahl ab 2024 auf acht verdoppeln. Nach der CDU ist sie nun mit eigenen Stimmen zweitstärkste Kraft. Aufgrund ihrer Stimmenverluste hat die Fraktion CDU/ Gemeinsam für Greiz (GfGRZ) nach der Neuwahl 2024 dagegen einen Sitz verloren. Sie ist somit nur noch mit 11 Sitzen im Stadtrat vertreten. Hinzu zählt noch der Bürgermeister, der von dieser Fraktion gestützt wird. Die ebenfalls konservative IWA – Pro Region verlor zwar Wählerstimmen, konnte aber ihre Sitzzahl im Stadtrat stabil bei fünf halten. Auch die SPD verlor 2024 einen Sitz, verteidigte aber mit drei Sitzen geradeso noch ihren Fraktionsstatus.

Die Greizer Wähler zeigten unmissverständlich, dass sie stabile Verhältnisse über eine konservativen Mehrheit wollten. Aber es sollte nach dem Willen von Bürgermeister Alexander Schulze und CDU-Fraktionschef Christian Tischner anders kommen. Dazu später mehr.
Zwei Wahlvorschläge erreichten mit ihren Sitzen keinen Fraktionsstatus
Die Partei Bündnis 90/Die Grünen erreichte mit ihren Stimmen aus eigener Kraft nur einen Sitz im Stadtrat. Die Sitze für DIE LINKE halbierten sich angesichts der Stimmenverluste von vormals vier nun auf zwei. Juristisch bedeutete die Neuwahl 2024, dass weder Grüne noch LINKE einen Fraktionsstatus erreicht hatten. Faktisch ging es ihnen nun so wie der FDP in der Legislatur 2019 – 2024, wo Jens-Holger Schmidt als Einzel-Stadtrat ohne Fraktionsstatus von vielen Informationen abgeschnitten wurde. Auf Antrag der Linken war nämlich 2004 die Geschäftsordnung des Stadtrates geändert worden. Die Älteren kennen aus DDR-Zeiten sicher noch das Ulbricht-Zitat: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben“. Reichten bisher 2003 zwei Sitze, mussten nun mindestens drei Sitze für den Fraktionsstatus erreicht werden. Politischer Hintergrund: Mit der Neuregelung auf zwei Sitzen wollte man der in den Greizer Stadtrat gewählten NPD den Fraktionsstatus verwehren. Zwanzig Jahre später traf diese Regelung die Linken selbst. Karma?
Auferstehung der „Nationalen Front“?
Erlebt in Greiz nach der Kommunalwahl 2024 das DDR-Modell der „Nationalen Front“ seine Auferstehung? SPD, LINKE oder Grüne traten zur Kommunalwahl mit getrennten Wahlvorschlägen und nicht mit einem gemeinsamen Wahlprogramm an. Den Wählern wurde zu keinem Zeitpunkt deutlich gemacht zu haben, dass diese Parteien nach der Wahl zusammen kungeln möchte. Dennoch gründeten SPD, LINKE und Grüne nach der Kommunalwahl 2024 eine sogenannte „Fraktionsgemeinschaft“. Dadurch erhalten LINKE- bzw. Grüne- Stadträte nun Ausschusssitze, die ihnen aus eigener Kraft nach dem Wählervotum gar nicht zustehen. Festzuhalten ist: Wahlergebnisse wurden nicht reflektiert. Die vom Wähler zugewiesenen Rollen wurden ignoriert.
In der konstituierenden Sitzung des Stadtrates schmiedete die CDU klare Mehrheitsverhältnisse. Wie macht man das? In dem man Wahlverlierer über Posten an sich bindet. Dieser Weg wurde bereits in der konstituierenden Sitzung genutzt, um die Wahlgewinner von der Mitwirkung fernzuhalten. Offenbar besann sich auch die CDU/ Gemeinsam für Greiz (CDU/ GfGRZ) auf ihre traditionelle DDR-Rolle als „Blockflöten-Partei“? Denn was bleibt wirklich vom propagierten „Gemeinsam für Greiz“, wenn unter vollständiger Ignoranz des Wählerwillens die CDU-„Brandmauer“ den klaren kommunalen Wahlgewinner vollständig in´s Abseits stellt?
Weiter in Teil II.
Kommentar hinterlassen zu "Kommunalwahl 2024- was ist der Wählerwille in Greiz wert? (Teil I)"